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6. Das Geschenk, Frau zu sein

Autorin: Christiane von Schien   

Quelle:http://www.sein.de/archiv/2008/juli-2008/das-geschenk-frau-zu-sein.html

Die Frauen in unserer Gesellschaft werden von Kindheit an durch ein irrationales Selbstbild geprägt, das sie dem Ideal einer Barbie-Puppe nacheifern lässt. Viele Frauen haben vergessen, dass es ein Geschenk und ein Segen ist, Frau zu sein. Die Quelle für ein gesundes Selbstwertgefühl liegt in der Akzeptanz der Einzigartigkeit des eigenen Daseins.

Weiblich_FrauTuch.jpgFrauen und Kinder zuerst“, dieses ungeschriebene Gesetz gilt, seit der britische Dampfer „Birkenhead“ 1852 unterging und Major Alexander Seton dieses Kommando ausgab. Er änderte damit das erste Mal die bis dahin übliche Regel: „Jeder für sich“. Doch anscheinend haben nur die Seeleute erkannt, dass es ohne Frauen und Kinder keine Zukunft gibt, denn Misogynie (Frauenhass) ist bis heute in allen Teilen der Erde verbreitet und ist noch ebenso aktuell wie vor 1000 Jahren, als Frauen bei Feuersbrünsten in Athen verbrannten, weil ihnen verboten war, das Haus ohne einen männlichen Vormund zu verlassen. Noch heute werden Frauen in China in Gefängnissen gefoltert und vergewaltigt, Frauen in Nigeria gesteinigt, pakistanische Frauen als Bestrafung für Vergehen missbraucht. Afghanischen Mädchen, die zur Schule gehen, wird damit gedroht, sie mit Säure zu überschütten, und allein im Jahre 2006 wurden in Afghanistan 17 Lehrerinnen von Mädchenschulen getötet.

Neben der offensichtlichen Seite der Misogynie gibt es die weniger spektakuläre Verachtung von Frauen hinter verschlossenen Türen in Partnerschaft und Familie. In Deutschland ist erst seit 1997 die Vergewaltigung in der Ehe strafbar, und zehn Jahre später wagen es immer noch die wenigsten Frauen, ihre Männer für dieses Verbrechen anzuzeigen.
Wir leben noch gar nicht so weit entfernt von einer Zeit, in der Frauen rechtlos den Männern ausgeliefert waren, und das wirkt sich bis heute auf das Selbstwertgefühl der meisten Frauen aus.

Die Frauen in unserer Gesellschaft werden von Kindheit an von einem irrationalen Selbstbild geprägt, das sich auf ihr Selbstbewusstsein auswirkt. Das unerreichbare Ideal beginnt mit der ersten Barbie-Puppe und endet bei der makellos 70-jährigen Jane Fonda. Wenn Frauen sich vorrangig mit ihrem Aussehen beschäftigen, bleiben sie politisch, sozial und religiös manipulierbar und unmündig. Viele Frauen haben vergessen, dass es ein Geschenk und ein Segen ist, Frau zu sein. Eine Quelle für ein gesundes Selbstwertgefühl liegt in der Akzeptanz der Einzigartigkeit des eigenen Daseins.
Körperkult ist immer ein armseliges Zeugnis der Sinnentleerung des Lebens und nur möglich, weil es keine existenziellen Nöte wie Hunger, Epidemien oder Angst vor wilden Tieren gibt. Unsichere Männer nehmen das mangelnde Selbstwertgefühl von Frauen gerne in Kauf, denn neben Frauen, die voller Komplexe sind, können sich Väter, Brüder und Lebenspartner relativ sicher fühlen.

Auch das Verhältnis zwischen Müttern und Töchtern ist gestört und verstärkt die Minderwertigkeitskomplexe von Frauen. Kaum eine Frau will so werden wie ihre Mutter. Müttern fällt es schwer zu akzeptieren, dass für ihre Töchter andere Lebensideale wichtig sind. Töchter können das Erfahrungspotenzial ihrer Mütter nicht anerkennen und fühlen sich ihnen überlegen. Daraus entsteht ein kraftraubender Konkurrenzkampf, und sowohl die Mütter als auch die Töchter vergeuden ihre Energien in aufreibenden Generationskonflikten, anstatt sich gegenseitig zu stärken und zu unterstützen.
Ein grausames Beispiel dafür, was Frauen sich selbst antun, ist die 1000 Jahre alte Tradition der gebundenen Füße in China, bei der die Zehen so lange fest unter die Fußsohle gebogen werden, bis irgendwann die Knochen brechen. Das „Schönheitsideal“ der blumig benannten „Lotosfüße“ von nur acht Zehntimetern Länge trug dazu bei, dass mit diesen verstümmelten Füßen keine Frau mehr in der Lage war, normal zu gehen, und nicht nur ihre Füße gebunden waren, sondern auch sie selbst an das Haus gefesselt blieb.

Der gebundene Fuß einer Chinesin ähnelt auf verblüffende Weise dem in ein Stiletto gezwängten Fuß, der bei einer Absatzhöhe von zehn Zentimeter ebenfalls auf Kindergröße zusammenschrumpft. Diese „Schuhe“ entsprechen unserem modernen erotischen Schönheitsideal. Das Resultat sind orthopädische Erkrankungen der Hüft-, Knie- und Fußgelenke, Sehnenverkürzungen, Wirbelsäulenschädigungen und Bandscheibenvorfälle. Weite Wege können Frauen mit diesen Stilettos beim besten Willen nicht zurücklegen und weglaufen schon gar nicht. Ein Sprichwort lautet: „Dein Auftreten wird durch deine Schuhe bestimmt.“

Ein anderes Beispiel für den Heilungsbedarf von Frauen ist das Thema Menstruation, das bis heute mit Tabus, Angst und Scham verbunden ist, was wiederum Schmerzen und Krankheiten auslöst. Noch bis 1958 (!) war die medizinische Wissenschaft davon überzeugt, dass es ein Menstruationsgift gibt, das sogenannte „Menotoxin“. Bis heute hat sich der Aberglaube gehalten, dass eine menstruierende Frau keinen Kuchen backen kann, Eingemachtes, das sie kocht, nicht haltbar wird, Wein umkippt, Blumen verwelken und sie sich von Hausschlachtungen fern halten muss.
Sobald Frauen Unterdrückungsmechanismen verinnerlicht haben und selbst glauben, dass sie minderwertig und unrein sind, überwachen und unterdrücken sie sich selbst und gegenseitig. Es ist gar nicht mehr nötig, von außen Druck auf sie auszuüben, denn sie haben sich die negativen Urteile zu eigen gemacht.
Die Vernetzung zwischen Frauen wird unterbrochen, sie begegnen sich misstrauisch, neidisch, abschätzig und verstricken sich in Konkurrenzkämpfen. Frauen haben in unserer modernen Gesellschaft einen großen Heilungsbedarf ihrer Weiblichkeit. Depressionen, Menstruationskrämpfe, Ess-Störungen und andere so genannte Frauenkrankheiten spiegeln Jahrtausende alte Verletzungen wieder. Der erste Schritt auf dem Heilungsweg ist die Verbindung mit anderen Frauen, mit Müttern und Großmüttern und den Ahninnen, die uns dabei unterstützen, die eigenen weiblichen Kraftquellen wieder zu finden.

Weiblich_GebundFuss.jpgWeiblich_Stilettos.jpg

 

 

 

 

Fatale Ähnlichkeit: das Schönheitsideal der „Lotosfüße“ und ein in einen Stiletto gezwängter Fuß.


 

 

Autoren Info


Christiane van Schie ist Mitinitiatorin des Heilungscamps. Sie ist Keramikerin, Diplomdesignerin, Tai Chi- und Afrodance-Lehrerin, Reikimeisterin, Leiterin von Frauengruppen und Frauenschwitzhütten und Schamanische Heilerin.

Tel. 038307 – 275


1. Bild: © Galina_Barskaya-fotolia.com


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